Wohltat und Strafe in alten Kolonien

Bei ‘Wohltat’ denkt man heute an etwas Warmes und Angenehmes. Doch ursprünglich hatte das Wort auch eine andere Bedeutung. Eine Wohl-tat ist eine gute Tat aus Nächstenliebe, also Wohltätigkeit. Dies ist, was den Gründern der Armenkolonien, die im Niederländischen 'Kolonien der Wohltat' heißen, Anfang des neunzehnten Jahrhunderts vor Augen schwebte. In Overijssel wurden zwei dieser Kolonien gebaut: in Ommerschans und Willemsoord.

Soziales Experiment

Um 1818 herrschte in den damaligen Niederlanden große Armut. Um den Bedürftigen zu helfen, wurden sieben Armenkolonien als soziales Experiment gegründet. Das Ziel war, ‘den Zustand der armen und niederen Volksschichten zu verbessern, indem den Menschen Arbeit, Lebenshaltung und Bildung geboten wird und sie so aus ihrem entehrenden Zustand zu erheben und für eine höhere Zivilisation, Aufklärung und Arbeitsfähigkeit auszubilden’.

Gezwungen in die Kolonie

Die Kolonien waren kein warmer Urlaubsort, sondern wurden auf billigem, verwildertem Land gebaut. Aus dem ganzen Land, besonders aber aus den Städten, wurden ganze Familien, Bettler, Landläufer und Waisen verpflichtend in eine der Kolonien geschickt. Sie lernten dort, ihr Brot als Bauern zu verdienen. Sie erhielten einen Bauernhof mit einem Stück Land, es wurden Schulen gebaut und es gab medizinische Versorgung. Das Leben vieler armer Niederländer besserte sich, doch von einem Leben der 'Wohltat' konnte nicht die Rede sein.

Frei und unfrei

Es gab drei freie Kolonien. Hier wohnten Familien, die nach Belieben die Kolonie verlassen durften. In den vier unfreien Kolonien wurden Menschen unter Zwang untergebracht. Hier gab es keine Bauernhöfe für die Bewohner, sondern Anstalten. Bestrafte Kolonisten, Bettler und Landläufer mussten kollektiv das Land bestellen. Bettler und Landläufer waren laut Gesetz nämlich Kriminelle.

Strafkolonie Ommerschans

Eine der Strafkolonien ist Ommerschans. Hier landeten die – manchmal auch unschuldigen – Problemfälle. Sie wurden in einer riesigen Bettleranstalt untergebracht. Diese 'Kaserne' bot Platz für mehr als tausend Kolonisten. Wenn man hart arbeitete, konnte man sich die Freiheit zurückverdienen. Doch die Arbeit war sehr hart, der Verdienst minimal, das Essen schlecht und die gesundheitliche Lage verheerend. Nur wenige fanden ihren Weg in die Freiheit, viele blieben bis zu ihrem Tod in der Kolonie. Sie wurden auf dem alten Verteidigungswall der früheren Verteidigungsschanze begraben. Ein Teil des Friedhofs ist noch intakt: Hier finden Sie Grabsteine des Personals, aber auch von einem dreizehnjährigen Mädchen, das von einem Bettler ermordet wurde. Von der Bettleranstalt in dieser Kolonie in Overijssel ist nichts mehr übrig: 1890 wurde Ommerschans geschlossen und wurden die Gebäude zum Abriss verkauft.

Freie Kolonie: Willemsoord

Die andere Kolonie in Overijssel, die freie Kolonie Willemsoord, hat einen völlig anderen Charakter als die in Ommerschans. Der Gründer Johannes van den Bosch war völlig von Willemsoord begeistert, das zwischen 1821 und 1823 aus dem Boden gestampft wurde. ‘Schöneres Gelände gibt es nirgends im Land für diese Kolonie und nirgendwo findet sich besseres Land.' Willemsoord dankt seinen Namen dem damaligen Kronprinzen und späteren König Wilhelm II., der die Schule und ein Direktorenhaus finanzierte. Die Kolonie Willemsoord wurde 1923 geschlossen, aber das Dorf existiert noch heute. Reste aus der Zeit der Kolonie sind immer noch erkennbar: kerzengerade Alleen, viereckige Ländereien und Häuser, die alle genau den gleichen Abstand zueinander haben.